Fonds Soziokultur kürt zwei Sieger im Wettbewerb Heimat Europa

Ein Preis war geplant, zwei wurden vergeben. So sehr überzeugten die Projekte »Pink House Bremen« und »Lacho Drom« beim Wettbewerb um den Innovationspreis Soziokultur. Beide erhielten jeweils 7.500 € Preisgeld.

Das »Pink House Bremen« siedelte im September 2006 am Rande des multikulturellen Stadtviertels Gröpelingen. Der aufblasbare antike Tempel von neun Metern Höhe beherbergte in seinem Innern ein anspruchsvolles Kulturprogramm, an dem die Bürger aktiv beteiligt wurden. Er war unter anderem ausgestattet mit von ihnen geliehenen Sesseln. Ein Orakel beantwortete Fragen der Bürger, die Wochen vorher gesammelt worden waren. Es gab Ausstellungen und die Volksküche »Babel«. Inklusive allabendlicher Tischrede und Kultur zum Dessert. Zehn Tage lang bespielten artserv.net, ein Projekt des Kunst- und Künstlerhauses Schwankhalle Bremen und der Verein Kultur Vor Ort die quietschrosa Hülle. Sie schufen einen „temporären Tempel, für die Stadt von heute, in der es keine gemeinsamen Tempel mehr gibt". Nach dem Votum der Jury des Fonds Soziokultur verknüpfte Pink House Bremen ein internationales Kunstprojekt mit innovativer Stadtteilkultur und hatte dabei den interkulturellen Anspruch ideal umgesetzt. Wie beispielsweise beim Iftar Essen, dem traditionellen Fastenbrechen, zu dem die Bremer Muslime ins Pink House geladen hatten und an dem sich auch Christen und Juden beteiligt hatten. Die Tempel-Hülle wurde den Projektträgern von den lettischen Künstlern Aigar Bikse und Kristaps Gulbis zur Verfügung gestellt. Sie war erstmals 2005 auf der Bienale in Venedig zum Einsatz gekommen.

Zweiter Preisträger war der Förderverein der Theatertage am See in Friedrichshafen mit seiner Internationalen Jugendbegegnung zur Sinti – und Romakultur im April 2006. Der Titel der Begegnung »Lacho Drom« ist Romanes und heißt übersetzt »Der richtige Weg«. Hier spielten 45 Jugendliche aus Bulgarien, Serbien, Albanien, Mazedonien, Rumänien, Spanien und Deutschland gemeinsam Theater. Dabei waren die Landesgruppen der 18- bis 25-Jährigen jeweils zur Hälfte aus Roma und Nicht-Roma zusammengesetzt. Ihre Themen: Die Verfolgung der Sinti und Roma, deren Kultur und die Frage, was Nomaden Heimat bedeutet. Die 10-tätigen Workshops mit einem Musiker, einer Flamenco-Tänzerin und einem Theater-Pädagogen gipfelten am 8. April, dem Internationalen Tag der Sinti und Roma, in einer szenischen Theateraufführung vor 400 Besuchern. Ein Mädchen stellte beispielweise einen Baum dar, andere Jugendliche dessen Wurzeln, die solange von außen angegriffen wurden, bis der Baum zusammenbrach. Heimat gibt Halt, lautete die Botschaft. Das Projekt trug Früchte: für eine Gruppe serbischer Jugendlicher, die keine Visa bekommen hatte, wurde kurzerhand ein Zusatz-Seminar in Serbien organisiert. Ein Europäisches Roma-Netzwerk wurde aufgebaut und die Beteiligten diskutierten weiter: auf einer eignen Internet-Plattform. Die Jury lobte besonders die Spielfreude, das Engagement und die Eigeninitiative der Jugendlichen, die das Projekt zum Einstieg in einen nachhaltigen Dialog brachten.

Öffentliche Preisverleihung in Berlin

Die feierliche Verleihung fand am 18. April 2008 im Rahmen des 20jährigen Jubiläums des Fonds Soziokultur in Berlin statt.

Das Jubiläum war Anlass, eine Zwischenbilanz der Arbeit des Fonds Soziokultur zu ziehen; dies ist in der 10. Ausgabe der Fonds-Zeitschrift »Kulturszene« dokumentiert. Fonds Vorsitzender Kurt Eichler konnte zahlreiche Gäste begrüßen. Die Festrede hielt Kulturstaatsminister d.D. Bernd Neumann.

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