„Wir stabilisieren die Finanzierung der Kulturstiftung des Bundes und aller acht Bundeskulturfonds.“ Das ist eine klare Aussage im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD für die 21. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages 2025-2028. Für den Fonds Soziokultur ist diese Vereinbarung allerdings nicht eingehalten worden. Er ist der einzige Bundeskulturfonds, dessen Mittel 2026 gekürzt werden.

Am 30. Juli 2025 verkündete Kulturstaatsminister Weimer eine Erhöhung seines Etats im Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2026 um rund 10 Prozent oder 225 Millionen Euro zusätzlich  gegenüber dem laufenden Jahr. Deutliche Gewinner dieses Aufwuchses waren die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und insbesondere die Filmförderung, deren Mittel auf 250 Millionen Euro nahezu verdoppelt wurde. Weiterhin hieß es in der entsprechenden Pressemitteilung: „Die Bundeskulturförderfonds werden entsprechend der Vereinbarung im Koalitionsvertrag stabilisiert, wovon neben den sechs Bundeskulturförderfonds auch der Amateurmusikfonds und der Festivalförderfonds profitieren. Insgesamt erhalten die acht Fonds ein Budget von 28 Millionen Euro in 2026.“ Das klang gut und nach Einhaltung des Koalitionsversprechens für die Förderfonds. 

Doch der Haushaltsentwurf des Beauftragten für Kultur und Medien (BKM) löste dieses Versprechen nicht ein:
Die veranschlagten Einzelbudgets für die Spartenfonds zeigten eine erhebliche Ungleichbehandlung der Fonds. Fünf der sechs Spartenfonds erfuhren im Vergleich zu 2025 eine deutliche Erhöhung zwischen 26 und 35 % Prozent (z.B. Fonds Darstellende Künste 7, 6 Mio. Euro, Kunstfonds und Musikfonds je 3,9 Mio. Euro). Allein der Fonds Soziokultur wurde mit 2,9 Mio. Euro von dieser positiven Entwicklung ausgenommen.
Was unterm Strich nach Stabilisierung aussah, bedeutete für den Fonds Soziokultur gegenüber den vergangenen Jahren eine gezielte und massive Mittelkürzung und damit eine Einschränkung seiner Wirkungsmöglichkeiten. Augenscheinlich galt für ihn nicht, was noch in der Pressemitteilung des BKM als Begründung für die Mittelerhöhung der Fonds positiv hervorgehoben wurde: „Damit wird die lebendige freie Szene, die stark in die Fläche wirkt, gestärkt. Die Kulturförderfonds sind eine wichtige Säule für die Vielfalt und öffnen Räume für den Diskurs vor Ort.“ Hier wurden die Kernkompetenzen des Fonds Soziokultur durchaus zutreffend beschrieben. Der Haushaltsentwurf 2026 der Bundesregierung hat diese Leistungen konterkariert.

Die Arbeit des Fonds wurde durch alle bisherigen Beauftragten für Kultur und Medien – unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit – wertgeschätzt und unterstützt. Sein Wirken ist öffentlich anerkannt und transparent. Vertreterinnen des BKM sind bei den Förderentscheidungen eingebunden. Die Mittelkürzung und Ungleichbehandlung des Fonds Soziokultur ist nicht nachvollziehbar und ganz offensichtlich eine eindeutige politische Entscheidung des Kulturstaatsministers. Begründungen für diese Setzung haben Vorstand, Geschäftsführung und Mitglieder des Fonds nicht erhalten.

Die Bandbreite der Programme für Kulturelle Teilhabe ist enorm: Die Corona-Hilfen des BKM-Programms „Neustart Kultur“ hat der Fonds zuverlässig und bedarfsgerecht verwaltet. Das vom Fonds, den Art Councils in Großbritannien, dem British Council und dem Goethe-Institut gemeinsam getragene „Cultural Bridge“-Programm gilt als wegweisend für den bilateralen Kulturaustausch. Mit der Fördersäule „Profil Soziokultur“ begleitet der Fonds die notwendigen Transformationsprozesse in Einrichtungen und Organisationen. Der Berliner Museumsverband ist Kooperationspartner für teilhabeorientierte Strategien zur Öffnung von Museen. Mit der Deutschen Raumfahrtagentur hat der Fonds ein Programm zum Technologietransfer für künstlerische und kulturelle Projekte und Institutionen auf den Weg gebracht. Die Entwicklung des künstlerischen Nachwuchses und die Ansprache eines jungen Publikums stehen besonders im Fokus des Fonds. Mit seinem breiten Förderportfolio mobilisiert der Fonds Soziokultur zusätzliche Eigen- und Drittmittel und trägt zu Stabilität und Wachstum in der freien Kulturszene bei. 

Die Gremien des Fonds Soziokultur haben das Ungleichgewicht zu den anderen Bundeskulturfonds im Haushaltsentwurf 2026 auch mit den kulturpolitisch Verantwortlichen in den Koalitionsfraktionen des Bundestages thematisiert und auf eine Korrektur gedrängt.

Obgleich die Arbeit des Fonds durchweg wertschätzend beurteilt wird, war das Ergebnis ernüchternd: Die letzte Chance auf eine Veränderung des Haushaltsentwurfs zerfloss bei der sogenannten „Bereinigungssitzung“ des Haushaltsausschusses. Während für die anderen fünf Bundeskulturfonds, die ja bereits im Haushaltsentwurf besser ausgestattet waren, sogar zusätzliche Mittelaufwüchse im Umfang von 2,5 Mio. Euro beschlossen wurden, blieb der Fonds Soziokultur bei der parlamentarischen Beratung wiederum das Schlusslicht. Anstatt der erwarteten Gleichstellung mit den anderen Fonds, was auf der Basis des Haushaltsentwurfs eine Erhöhung um mindestens 1 Mio. Euro bedeutet hätte, wurden lediglich 378.000 Euro nachbewilligt – ein Trostpflaster. Insgesamt stehen dem Fonds Soziokultur für 2026 damit 3,278 Mio. Euro zur Verfügung.  Gegenüber dem Jahr 2024 ist das eine faktische Kürzung um fast die Hälfte. Während sich die anderen Fonds gegenüber 2025 über z.T. erhebliche Steigerungsraten freuen können, muss ausschließlich die Soziokultur eine Mittelkürzung hinnehmen – und dies bei einem gegenüber dem Entwurf noch einmal ausgeweiteten Kulturbudget des Bundes.

Inwieweit im Rahmen des Haushaltsvollzugs noch weitere finanzielle Spielräume durch die Kulturabteilung eröffnet werden können, ist derzeit noch offen. 

In dieser Situation bleiben viele Fragen offen: Warum wird das „Stabilisierungsversprechen“ im Koalitionsvertrag für den Fonds Soziokultur nicht eingehalten und in sein Gegenteil verkehrt? Warum scheitert angesichts der erheblichen Mittelerhöhungen im Haushalt des Kulturstaatsministers die Ausweisung einer eher überschaubaren Summe zur Anpassung an die anderen Förderfonds? Was sind die Gründe für die derart krasse Benachteiligung des Fonds Soziokultur? Genießt die Soziokultur – beispielsweise in sozio-kulturellen Zentren, Jugendkunstschulen oder Medienwerkstätten – gegenüber den anderen Kunstsparten und -einrichtungen eine verminderte kulturpolitische Priorität?  Welche Signalwirkung ist damit beabsichtigt und was bedeutet das für dieses Handlungsfeld?

Klar ist: Im Jahr 2026 wird der Fonds Soziokultur seine Förderprogramme stark einschränken oder sogar aufgeben müssen. Leidtragende sind die Initiativen, Projekte und Einrichtungen, die sich modellhaft für eine offene Gesellschaft, die nachwachsenden Generationen, für aktive Mitwirkung im Gemeinwesen, für demokratische Strukturen und für künstlerische und kulturelle Beteiligung auch in den Orten und Landesteilen einsetzen, die vom etablierten Kulturbetreib nicht erreicht werden.

 „Gerechtigkeit“ ist eines der beiden Leitmotive für den Bundeshaushalt 2026. Wir appellieren daher eindringlich an die Bundesregierung, den Fonds Soziokultur im Sinne der Festlegung im Koalitionsvertrag zu stabilisieren und nicht unterschiedlich zu den anderen Fonds zu behandeln. Die Gleichrangigkeit betrifft die finanzielle Ausstattung, aber sie ist auch Ausdruck inhaltlicher Wertschätzung. Sie sichert die gewachsene Arbeit des Fonds und sendet die klare Botschaft: Kulturelle Teilhabe, Nachwuchsförderung und gesellschaftlicher Zusammenhalt bleiben zentrale Anliegen der Kulturpolitik des Bundes. 

Kurt Eichler
Vorsitzender des Fonds Soziokultur e.V.